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Frage

Hallo,

ich habe mal eine, für mich komplizierte, Frage. Es geht hier um meine 8 (bald 9) jährige Tochter. Im Februar 2008 wurde ihr der obere linke Schneidezahn (Milchzahn) entfernt, da hinter dem Milchzahn bereits zu 1/3 der bleibende Zahn stand. An diesem entfernten Milchzahn war sehr aussergewöhnlich, dass er noch eine sehr lange Wurzel hatte. Ich wurde bereits aufgeklärt, dass wohl der bleibende Zahn an einer anderen Position stand, wie der Milchzahn und so keine Möglichkeit hatte, die Wurzel des Milchzahnes abzuknabbern und dass es ganz gut war diesen Milchzahn ziehen zu lassen, da er sonst nie von allein ausgefallen wäre. Der bleibende Zahn korrigierte sich dann von der Position her auch ein wenig nach vorne, allerdings in starker Schräglage. Bisher ist er auch nur bis zur Hälfte gewachsen, was mir nach fast 3 Jahren nun langsam sehr suspekt vorkam. Die behandelnde Kieferorthopädin hat mich im April 2010 noch beruhigt, dass das schon mal etwas länger dauern kann, bis der Zahn                           vollständig da ist. Als wir nun am Freitag wieder da waren und sie gesehen hat, dass der zahn seit April weiterhin keinen mm gewachsen ist, kam ihr das auch ein bisschen komisch vor. Sie veranlasste ein Röntgenbild, mit der Vermutung, dass evtl. ein Extrazahn den Schneidezahn blockiert. Dies bestätigte sich zwar nicht, aber sie konnte den Nerv des Zahnes nicht richtig auf dem Röntgenbild darstellen, sodass sie dann die Vermutung aufstellte, dass evtl. ein Stück alter Zahn vor dem bleibenden Schneidezahn steht und diesen am Wachsen hindert. Sie sagte, hierfür bräuchte sie ein weiteres Röntgenbild und zwar in 3D (sog. DVT). Sie sagte mir gleich, dass dieses allerdings nicht von der Krankenkasse gezahlt wird und so um die 60,- Zuzahlung kostet. Sollte sich dies bestätigen, meinte die Kieferorthopädin, müsste es vom Kieferchirurgen entfernt werden. Erst danach könnte meine Tochter eine Spange bekommen. Meine Frage ist, gibt es das tatsächlich, dass ein Stück alter Zahn den bleibenden Schneidezahn am Wachsen hindert? Muss hierzu tatsächlich ein so überteuertes Röntgenbild angefertigt werden? Sollte sich das mit dem alten Zahn bestätigen, kann dies auch von meinem Hauszahnarzt entfernt werden (dieser ist ein guter Zahnarzt, der mir auch schon die Weißheitszähne aus dem Kiefer entfernt hat)? Ist es normal, dass der Schneidezahn nach fast 3 Jahren immernoch nicht komplett da ist? Warum muss ein medizinisch notwendiges Röntgenbild bei Kindern selbst gezahlt werden (bzw. eine Zuzahlung von ca. 60,00 ? geleistet werden)? Gibt es auch andere Möglichkeiten zu erkennen, ob hier wirklich ein Stück alter Zahn den neuen Zahn blockiert? Am Ende stellt sich dann vielleicht bei dem DVT (3D) raus, dass dies nicht der Fall ist und wir haben die 60,- zum Fenster rausgeschmissen und dass so kurz vor Weihnachten. Die Kieferorthopädin meinte, sollte hier keine Blockade durch ein Stück alten Zahn vorliegen, würde man dann mit einer Zahnspange weiterarbeiten können.                                  Ich hoffe, ich habe nicht allzu verwirrt geschrieben, da ich das ganze sowieso nicht so richtig verstehe, denn woher soll das Stück alter Zahn denn plötzlich kommen. Der Milchzahn war beim Ziehen vor 3 Jahren doch vollkommen komplett, noch kompletter, als er eigentlich sein sollte (d. h. vollständig mit Wurzel). Woher sollte dann ein Stück alter Zahn kommen?! Ich möchte mich entschuldigen, dass es so viel geworden ist und gleichzeitig für Ihre Antwort schon mal im Voraus danken.

Antwort

Liebe Sabrina,

natürlich beantworten wir auch „komplizierte“ Fragen gerne! In Ihrem Fall haben Sie uns gleich ein ganzes Bündel von Problemen auf den Tisch gepackt.  Wir werden versuchen, eins nach dem anderen zu lösen.

Zuerst zum Zahnproblem:

Wenn der bleibende Schneidezahn sehr weit hinter dem Milchzahn durchkommt, wird die Milchzahnwurzel nicht abgebaut (der Fachausdruck heißt resorbiert), und Ihr Zahnarzt hat das mit „anknabbern“ genau richtig erklärt. Normalerweise wächst der bleibende Zahn nach dem Entfernen des Milchzahnes langsam in die Lücke hinein und kommt vollständig zum Vorschein, man sagt: er stellt sich ein. Das kann durchaus bis zu einem halben Jahr dauern. Wenn aber wie in Ihrem Fall über 2 Jahre lang so gut wie nichts passiert, ist diese Entwicklung gestört und man spricht von einer „Retention“. Dafür kann es mehrere Gründe geben:

  • die Wurzel des bleibenden Zahnes wurde zu weit aus der Richtung gedrängt („Dislokation“)
  • die Wurzel wurde (durch einen früheren Sturz oder beim Ziehen des Milchzahnes) verformt („Dilazeration“) oder
  • eine Art Zyste hemmt das weitere Zahnwachstum.

Milchzahnwurzelreste kommen als Ursache eher nicht in Frage, und – wie Sie sehr richtig beobachtet haben -  der gezogene Milchzahn war ja auch intakt.

In jedem Fall muss man dem im Kiefer steckengebliebenen Zahn auf die Sprünge helfen. Dazu wird in der Regel ein Multiband, d.h. eine feste „Spange“ oder „Klammer“ an den Oberkieferzähnen befestigt. Der „Sitzenbleiber“ bekommt ein sogenanntes Bracket und wird über einen Draht mit der festen Apparatur verbunden und einfach an seinen Platz gezogen.

2.: das Röntgen.

Die Kieferorthopädin möchte natürlich gerne wissen, warum der Schneidezahn nicht weiter wächst. Normalerweise kann man das auch mit konventionellen Aufnahmen- am besten in 2 unterschiedlichen Ebenen- feststellen. Ein digitales Volumentomo-gramm (DVT) ist das modernste und beste Verfahren und sicherlich am genauesten. Allerdings hat das Wissen über die Ursache für die Wachstumsstörung wahrschein-lich keine Auswirkung auf die Behandlung. Und da sollte man sich fragen, ob die Strahlenbelastung zwingend nötig ist. Unsere Empfehlung wäre, erst dann ein DVT einzusetzen, wenn das Einstellen des Zahnes nicht klappt.

3.: die Zuzahlung.

Leider bekommt man in der Zahnmedizin seit geraumer Zeit nicht mehr alles bezahlt, was neu und auch sinnvoll ist. Das gilt sowohl für die gesetzlich versicherten Patienten wie auch für Privatpatienten (aus verständlichen Gründen geben die Krankenversicherungen das nicht gerne zu, denn sie wollen und müssen ja Neukunden werben und ihre Versicherten halten). Die Gründe dafür sind vielfältig und nicht immer nachzuvollziehen, denn die Krankenkassen haben ja auch für allen möglichen Blödsinn wie z.B. Bauchtanzkurse offenbar genügend Geld. Deshalb muss man vor allem  für  moderne Verfahren, die nach dem Inkrafttreten der Gebüh-renordnung (BeMa oder GOZ) entwickelt wurden, zuzahlen.  Bei uns in Hamburg liegen die Zuzahlung für ein DVT im Durchschnitt bei 200,-€, und genausoviel zahlt man auch für ein CT. Insofern sind die  60,-€ ganz sicher nicht zuviel!

Herzliche Grüße, Ihre Zahnspezialisten.

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